Ich habe gelernt, Nein zu sagen ist nicht so schwer. Der Weg war nicht einfach, aber am Ende hat es für mich gut funktioniert.
Fangen wir von vorne an. Ich war, und bin es meist immer noch, ein Mensch, der gerne zu jeder Arbeit, die auf mich zukommt, Ja sagt. Selbst wenn ich Arbeit annehme, die jemand anderes machen sollte oder zumindest machen könnte.
Es gab einen Punkt in meinem Leben da habe ich genau das getan. Ich arbeitete an einem großen Projekt als Produktmanager. Es waren viele Ressourcen eingebunden und es herrschte ein großer Druck, ein gutes Ergebnis zu erzielen. Ich bin sicher, Du kennst solche Situationen gut. In dieser Situation habe ich gelernt, dass „Nein“ zu sagen gar nicht so schwer ist.
Natürlich gab es täglich neue Aufgaben, die erledigt werden mussten, damit das Produkt ein Erfolg wird. Ich habe allen anderen etwa 5 Sekunden Zeit gegeben, Aufgaben zu übernehen. Wenn sich niemand der Aufgabe annahm, bin ich eingesprungen. Weil es sonst niemand tat :-).
Und da ich ein zu meinem Wort stehe, habe ich alle Aufgaben erledigt. Wie ich das gemacht habe? Ich bin von früh morgens bis spät Abends zur Arbeit gegangen, um dann zu Hause noch ein bisschen über die Arbeit nachzudenken. Selbst als ich ins Bett ging, dachte ich noch über meine To-Dos nach und schlief schließlich eine Stunde, bevor ich wieder aufstehen musste, ein.
Du kannst Dir denken, wo das endete, aber das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.
In dieser Phase zwang mich mein Körper, etwas zu ändern. Ich begann in den Projektbesprechungen. Wenn eine Aufgabe aufkam, blieb ich nicht ruhig. Denn zu diesem Zeitpunkt war sich das Team sicher, dass ich die Aufgabe übernehmen würde, wenn sie nur lange genug warteten. Aber anstatt zu sagen „ok, ich mache es“, bin ich einen anderen Weg gegangen. Ich überlegte, wer die richtige Person dafür wäre und schlug sie vor. In den meisten Fällen war das auch die bessere Entscheidung für das Projekt selbst. Und es hat mich davon abgehalten, Dinge zu tun, die nicht zu meinem Job gehören.
Nein zu sagen ist nicht so schwer, man muss das Wort gar nicht wirklich benutzen
Jetzt denkst Du vielleicht, na ja, das ist nicht „Nein“ sagen, das ist einfach die eigene Arbeit machen. Und ja, Du hast Recht, aber für mich war das schon ein großer Schritt in Richtung des Ziels, „Nein“ zu sagen. Mit diesem kleinen Schritt habe ich auch aufgehört, mich als die alleinige Verantwortliche für den Erfolg des Projekts zu fühlen. Dieser kleine Schritt hat mir eine große Last von den Schultern genommen.
Mit diesem Erfolg wagte ich auch den nächsten Schritt, tatsächlich „Nein“ zu sagen. Ich begann mit dem Offensichtlichen. Wenn jemand auf mich zukam und mich bat, etwas zu tun, was eigentlich die Aufgabe eines anderen Teammitglieds war, schickte ich diese Person dort hin. Und ich kann Dir sagen, dass sich das am Anfang nicht gut angefühlt hat. Ich musste es nicht tun, lag aber nachts wach und dachte, was für ein egoistischer Mensch bin ich. Nach einiger Zeit hatte sich niemand beschwert, also wurde ich mit der Zeit und Übung gut darin und fühlte mich auch gut dabei.
Jetzt kam die größte Aufgabe überhaupt, „Nein“ zu sagen zu einer Aufgabe, die eigentlich meine gewesen wäre, für die ich aber keine Zeit hatte. Denn Du weißt ja, wie das ist, alles ist immer wichtig. Ich habe mit Dingen angefangen, die nichts mit meinem Projekt zu tun hatten, sondern mit einer anderen Sache. Mit meinen ersten Versuchen lernte ich, dass sich die Welt weiter drehte. Auch meine Kollegen fingen nicht an, auf mich herabzuschauen, weil ich es nicht schaffte. Erst danach war ich in der Lage, zu Dingen, die mein Projekt betrafen, nein zu sagen. Ich priorisierte mehr. Für die wichtigen Aufgaben holte ich mir Hilfe und die weniger wichtigen blieben auch mal liegen. Ganz ohne schlechtes Gewissen.
Selbst nach Jahren der Übung, ist mein erster Impuls zu sagen „Ich mache es“, weil ich einfach so bin wie ich bin.
Ich habe gelernt, dass es gar nicht so schwer ist, „Nein“ zu sagen und noch einiges mehr:
- Genau auf meinen Körper zu hören
- Andere ihre Arbeit machen lassen
- Es denkt niemand schlechter von Dir, wenn Du um Hilfe bittest
- Nein zu sagen, macht mich nicht zu einem schlechten Menschen
Ich hoffe, das inspiriert einige von Euch, heute mit dem ersten kleinen Schritt zum Nein-Sagen zu beginnen!
Wenn Du in einer ähnlichen Position warst oder noch bist, probiere doch eine kleine Änderung aus.